Montag, 20. Juli 2015

Aus der Rau(s)ch.

13 Jahre lang ohne Dampf keine Leistung.
Ständiges Nikotinverlangen.
Tag für Tag. 

Ich schrieb es bereits per instagram: Heute bin ich seit zwei Wochen (das sind übrigens 14 Tage; 336 Stunden oder 20160 Minuten) Nichtraucher. Das hätte ich mir wohl selbst nicht zugetraut.


Ich habe meist sehr gern geraucht. Es war für mich Genuss, Ablenkung und Auszeit. Aber auch Geselligkeit.

Das Lernen habe ich mit Rauchen unterbrochen, die Aufregung und Nervosität damit bekämpft. Gute Gefühle, sowas wie Euphorie, habe ich mit dem Rauchen verneununddreißigfacht. Telefonate wurden angenehmer. Der Sekt schmeckte mit Zigarette besser. Der Kaffee erstrecht. Bei Stress habe ich mich durchs Rauchen "entspannt". Langeweile habe ich mit dem Glimmstängel überbrückt. 



Und nun? Aus der Rausch. 
Als Nebenbefund eines CT stellte sich heraus, dass in meinen Halsgefäßen bereits Kalkablagerungen sichtbar seien. Sowas kann durch Verfettung bzw. ungesunde Lebensweise herrühren, vorwiegend jedoch durchs Rauchen begründet sein.

Diese Auswertung des CT war schon längst überfällig. Ich war ein bisschen ängstlich vor dem Befund, weshalb ich es immer weiter hinausschob. Vor zwei Wochen aber bot es sich an. Vertretungsweise musste ich zur Ärztin in der Gemeinschaftspraxis, die mir diesen Befund sehr schnell und direkt übermittelte und dann ganz entscheidend hinzufügte, dass sie selbst sehr gern geraucht hat. Doch vor drei Jahren hatte sie einen Schlaganfall, da ihre Halsgefäße infolge des Rauchens verstopft waren.

Bitte welch größeren Zaunpfahl sollte man mir vor's Gesicht hauen? 



Für mich ist das nicht nur purer Zufall, sondern ein dezenter Tritt in den Hintern, aus dem Überlegen, gedanklichen Verändern und Unsicher-sein herauszukommen. 

Ich verließ die Praxis. Zündete mir eine Zigarette an. Zum Abschied. Und warf sie nach einem Zug weg.

Da saß die Angst plötzlich ganz tief in mir. Will ich das? Schwer erkranken oder gar sterben, weil ich mich von einem solchen Kraut abhängig mache? Möchte ich meiner Tochter eine solche Last aufbürden?  

Also: Schluss. Aus. Ende. Für immer, das stand fest. Und das steht es heute noch. Ich bin mir nie wirklich sicher, aber hier weiß ich garantiert: Ich werde nie (!) wieder so rauchen, wie bisher. Einen evtl. Rückfall will und kann ich nicht ausschließen, aber ich lasse mir mein Leben nicht wieder so von einer Droge bestimmen. 



Es gab dieses Jahr im Freundeskreis bereits einen Vorfall, der mich diesbezüglich sehr nachdenklich gestimmt hat. Ein Freund von mir hat auch vor rd. drei Monaten aufgehört zu rauchen. Und dann lief da neulich so ein schön-schnulziger Film, an dem die Kinder am Bett der kranken Mutter saßen. Der Arztbesuch also war für mich das alles Entscheidende i-Tüpfelchen.


Nun mag man vielleicht denken: Hä? Die hat aber doch ein Kind? 
Ja, hat se. Und in der Schwangerschaft habe ich auch aufgehört zu rauchen. Aber es stimmt einfach nicht, was ein jeder sagt. Es ist nämlich in der Schwangerschaft nicht so supereasypeasy, mit dem Rauchen aufzuhören. Da habe ich mich auch sehr gequält. Aber ich hatte eine ganz andere Motivation. Dumm ist nur, dass ich wieder angefangen hatte.


Jetzt klappt der kalte Entzug viel besser, als gedacht. Ich habe immer gesagt: Wenn ich es schaffe, mit dem Rauchen aufzuhören, dann kann ich wirklich alles schaffen. Denn ich habe es mir unsagbar schwer und qualvoll vorgestellt. Und dabei ist es das gar nicht. Es ist in meinem Fall hauptsächlich das Umstellen von Gewohnheiten. Jegliche Situationen, in denen ich sonst geraucht habe, fallen mir schwer. Habe ich sie aber einmal als Nichtraucher überlebt, wird es leichter. 

Ich weiß, dass das Verlangen nur ein kurzzeitiges Gefühl ist. Das vergeht - auch ohne großartige Ablenkung. Kompensieren muss ich diesen Nikotinverlust trotzdem. Mir fehlt merklich etwas. Es gelingt mir bislang ganz gut mit Essen/Trinken - also mit der Kompensation durch Geschmack - und mit Sport. Ich verspüre nämlich einen großen Bewegungsdrang.


Entzugssymptome bemerke ich aber natürlich auch. Neben dem Verlangen selbst werde ich häufiger wach, brauche weniger Schlaf und bin aktiver. Das war zunächst z. T. sehr angenehm. Mittlerweile empfinde ich das nicht mehr so. Mein Nervensystem ist derart auf Alarmstellung, dass ich mich fühle, wie vor einem Sprint, bei dem ich nur noch auf das 'go' warte. Das geht mit großem Herzklopfen, Schwindel, aufgeregt-sein und gefühlt schlimmerem Tinnitus einher. Aber okay, ich weiß ja, dass es vergeht.



Positive Veränderungen sind es aber, die mich unendlich glücklich machen: Ich rieche und schmecke so viel besser! Also sowohl ich selbst, als auch gefühlt. ;) Ich kann Treppen steigen, ohne groß Verschnaufen zu müssen. Auch beim Joggen macht sich das wirklich sehr extrem bemerkbar. Ich fühle mich unabhängiger, fitter und 'sauberer'. Man könnte fast sagen, ich fühle mich irgendwie gesünder. Also trotz des Schmachts habe ich mein Wohlbefinden bisher bereits sehr gesteigert.

Und - ich sage das selten: Ich bin mächtig stolz auf mich!


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